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Indien stärkt die Rohstoffversorgung für Elektromobilität: Strategien zur Unabhängigkeit von Chinas Seltenenerdmagneten


Die globale Elektromobilitätsbranche sieht sich zunehmend mit Herausforderungen bei der Beschaffung kritischer Rohstoffe konfrontiert. Insbesondere Seltenerdmagnete – das Herzstück effizienter Elektromotoren in Elektrofahrzeugen – werden zu einem geopolitischen Hebel: Mit einem Anteil von über 90 % an der weltweiten Seltenerdproduktion führt an China bislang kein Weg vorbei. Länder wie Indien sind jedoch entschlossen, diese Abhängigkeit mit einer strategisch ausgerichteten Rohstoffpolitik nachhaltig aufzubrechen. Die Dynamik dieser Bestrebungen dürfte auch auf den chinesisch dominierten Elektrofahrzeugmarkt spürbare Auswirkungen haben.

Neue Weichen: Die National Critical Minerals Mission (NCMM) Indiens

Indien hat die National Critical Minerals Mission (NCMM) zum Jahresbeginn 2025 auf den Weg gebracht. Im Kern zielt die NCMM auf eine radikale Stärkung der inländischen Wertschöpfung rund um 24 als kritisch eingestufte Mineralien ab. Dieser Schritt folgt einer Erkenntnis, die weltweit für Nervosität sorgt: Verbundene Lieferketten sind vor allem bei wachsender geopolitischer Unsicherheit und exportseitigen Restriktionen Chinas ein latentes Risiko – nicht zuletzt für die Elektrofahrzeugbranche, deren Nachfrage nach hochwertigen Magneten und anderen kritischen Materialien rapide steigt.

Bis zum Geschäftsjahr 2030/31 sind in Indien über 1.200 Explorationsprojekte geplant. Ziel: Mindestens 15 essenzielle Mineralien, darunter Seltenerdmetalle, sollen im eigenen Land entdeckt, gefördert und weiterverarbeitet werden. Die Strategie ist mehrdimensional:

  • Intensivierung der Exploration und des Bergbaus in aussichtsreichen Bundesstaaten wie Gujarat, Maharashtra, Madhya Pradesh, Karnataka, Uttar Pradesh und Rajasthan
  • Schnellere Genehmigungsverfahren und Subventionierung von High-Tech-Großprojekten wie dem 8.000 Crore INR schweren Titanwerk in Odisha
  • Erweiterte Legalität durch die Mines and Minerals (Development and Regulation) Amendment Act 2023: Der Privatsektor kann Mineralienkonzessionen erwerben, und sechs zuvor restriktiv geregelte Rohstoffe wurden von der Liste der Atomminerale entfernt
  • Langfristiger Aufbau von Recyclingstrukturen, um Kreislaufwirtschaftspotentiale konsequent zu erschließen

Lokale Produktion: Indiens Industrie steht in den Startlöchern

Indien begnügt sich nicht mit der Erschließung von Primärquellen. Zunehmend bereiten Marktführer wie Mahindra & Mahindra sowie der Automobilzulieferer Uno Minda den Aufbau einer eigenständigen Seltenerdmagnet-Produktion vor. Diese Entwicklung ist von hoher Relevanz: Der Kostennachteil gegenüber chinesischen Magneten ist zwar beträchtlich, doch staatliche Programme zur Produktionsförderung und geplante Subventionen sollen diesen kurzfristig ausgleichen. Die entscheidenden strategischen Ziele sind dabei klar:

  • Stärkere Kontrolle über Schlüsseltechnologien der Elektromobilitätsbranche
  • Schaffung hochqualifizierter Arbeitsplätze entlang neuer Wertschöpfungsketten
  • Abbau langfristiger Preis- und Lieferrisiken durch Diversifikation der Bezugsquellen

Der konsequente Fokus auf lokal gefertigte Seltenerdmagnete könnte mittelfristig zu einer strukturellen Verschiebung der Kosten- und Lieferkettenstrukturen in Asien führen – und verstärkt die internationale Konkurrenzfähigkeit Indiens im Segment der Elektrofahrzeuge und Hochtechnologie-Komponenten.

Globale Strategie: Diversifikation und internationale Allianzen

Parallel baut Indien sein internationales Netzwerk zur Rohstoffsicherung aus. Abkommen mit rohstoffreichen Ländern – allen voran Chile und Argentinien im Lithium- und Kupferbereich – sind bereits geschlossen. Auch der Blick nach Afrika und in weitere Märkte Lateinamerikas verdeutlicht: Indiens Strategie beruht nicht nur auf nationaler Exploration und lokaler Fertigung, sondern auf einer global aufgestellten, diversifizierten Beschaffungslogistik.

Im Fokus stehen besonders:

  • Sichere Lieferbeziehungen für Batteriemetalle und andere kritische Rohstoffe
  • Partnerschaften innerhalb internationaler Bündnisse wie dem „Quad“, um gemeinsam mit Japan und anderen Partnerstaaten Abhängigkeiten von chinesischen Lieferanten aktiv abzubauen
  • Technologietransfer, Investitionen und gemeinschaftliche Forschungsprojekte entlang der gesamten Wertschöpfungskette

Spezifische Maßnahmen – etwa der australisch-indische Rohstoffdialog oder neue Abbauprojekte in Afrika – belegen die Vielschichtigkeit Indiens Ansatz. Die frühen Weichenstellungen in Genehmigung, Exploration und Anlagenbau fördern zudem das Vertrauen privater Investoren, was insbesondere im Bereich Seltenerdverarbeitung von großer Bedeutung ist.

Relevanz für den chinesischen EV-Markt

Der stark exportorientierte chinesische Elektrofahrzeugmarkt bleibt kurz- bis mittelfristig Schwergewicht und Innovationsführer. Dennoch verstärken sich internationale Tendenzen, die Abhängigkeit von chinesischen Liefer- und Produktionssystemen bei Seltenerdmagneten, Batteriekomponenten und strategischen Metallen zu reduzieren. Die indischen Maßnahmen beschleunigen dabei nicht nur den Aufbau alternativer Rohstoffketten, sondern signalisieren auch: Die Zeit günstiger, unkritischer Abhängigkeiten von chinesischen Schlüsselressourcen geht zu Ende.

Diese Entwicklung könnte sich zunehmend auf die Preisbildung, Wettbewerbsstrukturen und Innovationszyklen im internationalen EV-Bereich auswirken. Insbesondere für global agierende Automobilmarken und Tech-Anbieter mit Sitz in China entsteht ein neuer, komplexerer Wettbewerb um Rohstoffe und Wertschöpfung.

Quellen & weiterführende Informationen


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